Mit sortenreiner Schokolade aus traditionellem Handwerk stemmen sich zwei Träumer aus San Francisco gegen die Food-Multis.

Die Golden Gate Brücke, die Lombard Street und die urige Straßenbahn „Cable Car“ – das ist, was man gemeinhin von San Francisco kennt. Abseits der Touristen-Attraktionen bietet die Weltmetropole an der US-amerikanischen Ostküste auch eine Vielzahl kleiner, origineller Startups, wunderschöne kleine Läden und authentische Manufakturen. Im Mission-District, dem ältesten „Latino-Viertel“ in San Francisco, gibt es mit „Dandelion Chocolate“ eine der besten Manufakturen für sortenreine Schokolade.

Text Michael Divé

Beste Schokolade: Willkommen bei Dandelion Chocolate

Willkommen bei Dandelion Chocolate

Aus Liebe zur Schokolade: Bohnenanbau mit Kiffer-Charme

Haben die Schokoladenmanufaktur gegründet: Sweet Startup: Todd Masonis (links) und Cameron Ring

Sweet Startup: Todd Masonis (links) und Cameron Ring (rechts)

Cameron Ring and Todd Masonishaben sich mit „Dandelion Chocolate“ einen Kindheitstraum erfüllt. Ihr Unternehmen ist eine Manufaktur, die aus der puren Kakao-Bohne feinste Schokolade macht. Dem süßen Gold verfallen, haben die beiden Jungs ihre Passion zum Beruf gemacht. In der Anfangszeit haben sie in ihren Apartments kleine Kakao-Pflanzen angebaut, gewässert, gedüngt, beleuchtet und gepflegt wie andere Leute Hasch. Das Ziel: Die Biologie des Kakaos verstehen und das beste Aroma finden.

Berliner Hipster Look statt plüschiger Charme

Sie rösteten die gereiften Kakaobohne im Ofen und reisten jahrelang um die halbe Welt, immer auf der Suche nach den besten Rezepten und den schonendsten Verfahren um aus der Bohne den vollen Kakao-Geschmack zu extrahieren und damit das Rohmaterial für edelste Schokolade zu gewinnen. „Unsere Freunde sagten oft, dass wir eines Tages unsere eigene Schokoladenfabrik eröffnen sollten.“

Im Jahr 2010 ist es soweit: Todd und Cameron beschließen, die selbstgemachte „Handwerksschokolade“ mit ihren Freunden und Familie zu teilen und daraus ein Business zu machen. In der Fabrik wird Stück für Stück das Schoko-Imperium aufgebaut, wird Raw-Schokolade angeboten, später edler Trink-Kakao, feine Pralinen, sündige Petit Fours und Schoko-Muffins mit fein geschmolzenem Kern und röstigem Biss.

Was geblieben ist, trotz aller aromatischer Finesse, das ist der raue Look: Bei Dandelion sucht man die süße Gemütlichkeit einer Konditorei vergebens. Hier regiert kein Plüsch-Charme, sondern ehrlicher Industrie-Stil. Man schaut auf die metallenen Maschinen, auf die unlackierten Backsteinwände. Uniforme, schlichte Fabriklampen leuchten den Großraum aus. Bestellt wird am Tresen, wie beim Fastfood-Dealer, hier wird auch nicht am Platz serviert. Kein Chi-Chi, schließlich ist Schokolade eine ernste Angelegenheit.

Schokolade mit Schampus-Qualitäten

„Wir verwenden nur hochwertigste Bohnen und kontrollieren jede Charge sehr sorgfältig, damit wir sicher gehen können, dass die einzelnen Aromen und Geschmacksnuancen perfekt harmonieren.“ Wenn Todd und Cameron über die Kunst der Schokoladenherstellung reden, dann klingt es, als würden zwei alte Winzer erzählen, wie sie Champagnerflaschen von Hand drehen, bemüht um das beste aller Produkte. „Große Schokolade begingt mit der richtigen Bohne“, sagen sie und verweisen darauf, dass in ihre bekannten Schokoriegel – die Spezialität des Hauses – nur zwei Zutaten kommen: Kakao und Rohrzucker.

Die Kakaobohnen beziehen sie heute von insgesamt 14 Lieferanten, die sie allesamt persönlich kennen. Und denen sie – „Ehrensache!“ – weit mehr für den Rohstoff bezahlen als die großen Konzerne es tun. Während die großen Multis – wie Nestlé oder Unilever – Tausende von Tonnen verarbeiten und dadurch den Kakaohandel zu einem Milliardengeschäft mit minimaler Marge für die Bauern machen, wollen Todd und Cam eine persönliche Beziehung zu den Produzenten pflegen. Daher machen sie die Lieferketten transparent und bieten sogar ein umfassendes Dossier an, das die Kunden einsehen können.

Süße Spezialitäten gibt es in der Manufaktur als seltene, sortenreine Kreationen: Von der Bohne bis zur fertigen Tafel ein transparenter Prozess

Süße Spezialitäten gibt es in der Manufaktur als seltene, sortenreine Kreationen: Von der Bohne bis zur fertigen Tafel ein transparenter Prozess

Transparent – Tafel für Tafel

Wo kommt die Bohne her? Wie viel wurde produziert? Das  ist hier kein Geheimnis. Aus Tansania wird bezogen, aus Ecuador und der Dominikanischen Republik, aus Venezuela von kleinen Erzeugergemeinschaften und aus Guatemala, wo man ein soziale Bauernkooperative ausgewählt hat.

Cleane Industrie-Optik: Hier kann man neugierig zuschauen, während in den Maschinen Schokolade entsteht

Cleane Industrie-Optik: Hier kann man neugierig zuschauen, während in den Maschinen Schokolade entsteht

Das Unternehmen Bertil Akesson ist der älteste Geschäftspartner von Dandelion. Der Biobauer baut in Madagaskar an, in Bioqualität. Qualität, die ihren Preis hat: Laut Geschäftsbericht zahlen die Jungs von Dandelion durchschnittlich fast 6.000 Dollar pro Tonne, der durchschnittliche Weltmarktpreis liegt gerade halb so hoch, wenn es gut läuft für die Bauern.

Wer so wählerisch ist, kann keine Massen produzieren. Nur 150 Tonnen Schokoriegel werden in den Schokoladenmanufaktur pro Jahr hergestellt. Jedes Produkt ist sortenrein: Bedeutet, dass nur die Bohnen einer einzelnen Farm drin stecken und natürlicher Rohrzucker. „Keine hinzugefügte Kakaobutter, kein Milchpulver, keine Vanille oder künstliche Aromen“, wie die beiden stolz betonen.

Wer die 70-prozentige Schokolade von Ur-Geschäftspartner Akesson probieren mag, kann dies direkt in der Manufaktur tun, aber längst sind auch Schokogourmet aus der ganzen Welt auf den Geschmack gekommen und bestellen Online. Und wie ein guter Rotwein aus bester Lage, so hat auch die Deluxe-Schokolade ihren Preis. In Zahlen: 8 Dollar für 56 Gramm. Oder umgerechnet: 8 Dollar für 1 Million Geschmacksexplosionen.

Infos für Schokoladen-Gourmets

Dandelion Chocolate
740 Valencia St, San Francisco, Mission District
Fon +1 415-349-0942
dandelionchocolate.com

Wer noch nicht weiß, wann er das nächste Mal nach San Francisco kommt, kann sich die Schokolade hier bestellen:
mouth.com

Lässige Bar-Kultur: Bestellt wird am Tresen

Lässige Bar-Kultur: Bestellt wird am Tresen

Genuss: Schokoholics können bei Dandelion eine Tour buchen und erleben das ganze Programm. Tipp: Besser reservieren, der Laden ist Kult

Infos & Genuss: Schokoholics können bei Dandelion eine Tour buchen und erleben das ganze Programm. Tipp: Besser reservieren, der Laden ist Kult

Kakao und Rohrzucker, mehr ist nicht drin im Schokoriegel, dem "Signature Dish" des Hauses. Dafür kommt bei Dandelion nur das beste in den Tiegel

Kakao und Rohrzucker, mehr ist nicht drin im Schokoriegel, dem „Signature Dish“ des Hauses. Dafür kommt bei Dandelion nur das beste in den Tiegel